Warum sitzt diese junge Frau im Rollstuhl? Sie hat tardive Dyskinesie - verursacht durch psychiatrische Medikamente.
Jenelle's Geschichte
wie sie Douglas A. Smith berichtet wurde.
(Übers.: Heinz Kaiser)
Adresse des englischen Originaltexts:
http://www.antipsychiatry.org/jenelle.htm
Vor einigen Jahren hatte Jenelle eine Lebensmittelvergiftung. Sie bekam ein psychiatrisches Medikament namens Reglan (Metoclopramid), um das Erbrechen zu unterdrücken. Das Medikament löste bei ihr fast unmittelbar eine Bewegungsstörung aus, die man tardive Dyskinesie nennt. Aufgrund ihrer merkwürdigen Körperbewegungen, die durch das Medikament verursacht wurden, wurde ihr irrtümlich die Diagnose gestellt, sie habe ein psychiatrisches Problem. Daraufhin erhielt sie weitere psychiatrische Medikamente namens Thorazin, Haldol und Xanax, die ihren körperlichen und geistigen Zustand weiter verschlechterten. Die psychiatrischen Medikamente, die sie bekam, sogenannte Neuroleptika (Reglan, Thorazin und Haldol), schädigten Teile ihres Nervensystems, die für die Steuerung der Bewegungen verantwortlich sind, genug, um sie von einem Rollstuhl abhängig zu machen.
Heute, im Alter von 23 Jahren, nimmt Jenelle keine psychiatrischen Medikamente mehr. Sie ist weiterhin eine charmante, sehr intelligente, redegewandte und hübsche junge Frau (hübscher, als sie auf den Fotos aussieht), so sehr, daß ungeachtet ihrer Medikamenten-verursachten körperlichen Behinderung, die sie an den Rollstuhl fesselt, ihr Ehemann Greg sich in sie verliebte und sie im Mai (1999) heiratete, sechs Monate, bevor das obige Bild der beiden gemacht wurde. Auf dem Bild ist auch Jenelles Hund Kramer zu sehen, der speziell dafür ausgebildet ist, ihr zu helfen. Er hat ein Geschirr mit einer Schlinge auf seiner rechten Seite, die sich Jenelle umhängt, so daß Kramer ihr helfen kann, sich in ihrem Rollstuhl zu bewegen.
Die tardive Dyskinesie, die Jenelle hat, nennt man Dystonie - unwillkürliche Zuckungen und Muskelverkrampfungen, die seltsame Bewegungen und Körperhaltungen auslösen. Es handelt sich um eine neurologische Bewegungsstörung, verursacht durch eine Schädigung eines Gehirnbereichs, den man basale Ganglien nennt. Leute, die psychiatrische Medikamente wie die von Jenelle bekommen, erleben oft auch eine dauerhafte Demenz, einen Verlust geistiger oder intellektueller Funktionen, verursacht dadurch, daß die Medikamente die im allgemeinen verletzlicheren mentalen Funktionen des Gehirns schädigen. Dieses scheint bei Jenelle nicht passiert zu sein. Im direkten Gespräch scheinen ihre geistigen Fähigkeiten nicht beeinträchtigt durch die verlangsamenden Effekte der psychiatrischen Medikamente. Allerdings sagt sie, daß sie im Vergleich zu der Zeit, als sie noch keine Medikamente genommen hatte, in der Schule das Gelernte nicht mehr so gut behalten kann.
Jenelle hofft auf eine Verbesserung ihrer Fähigkeit, sich wieder normal zu bewegen und normal zu gehen. Allerdings sind sich die Ärzte darin einig, daß tardive Dyskinesie in den meisten, wenn nicht allen Fällen, nicht mehr rückgängig zu machen ist.
Jenelles Geschichte ist repräsentativ für Millionen von Leuten, die durch psychiatrische Medikamente dauerhafte Schädigungen ihres Gehirns erleiden, durch eine Gruppe von Medikamenten, die bekannt sind als Neuroleptika, Antipsychotika oder hochpotente Tranquilizer. Was an Jenelles Geschichte so zu Herzen geht, ist (1) Es gab keine die Persönlichkeit infragestellende psychiatrische Diagnose (wie andere sie erhalten), bevor ihre Bewegungsstörung auftrat, die durch ein psychiatrisches Medikament verursacht war. Daher kann ihre Bewegungsstörung nicht fälschlicherweise als ein Symptom einer geistigen Krankheit wegerklärt werden. und (2) Ihr geistiges Leben war noch so intakt, daß ihr Ehemann Greg sie heiratete, nachdem sie behindert war. Das macht es schwer, ihr den Status einer vollwertigen Person abzuerkennen - was bei Leuten mit psychiatrischen Etikettierungen ("Diagnosen") üblicherweise geschieht.
In einem Brief vom 30.November 1999 schreibt Jenelle: "Greg und ich waren schon seit einigen Jahren gute Freunde, bevor ich mir die TD [tardive Dyskinesie] zuzog. Er war einer von wenigen Freunden, die während meiner Krankheit bei mir blieben und unsere Freundschaft fortsetzte, nachdem ich in die Schule zurückkehrte. Als mir das passierte, habe ich viele Leute verloren, von denen ich einmal dachte, sie seien meine Freunde. Greg ist so, wie ein bester Freund wirklich sein sollte. Er kümmert sich um mich und wer ich bin. Er sieht hinter meine Behinderung und betrachtet mich als vollwertigen Partner, und so betrachte ich ihn auch. Greg würde sich niemals herablassen, mich zu bemitleiden. Er weiß, daß ich Mitleid als demütigend empfinde, und er steht auf für mich, wenn ich mich weigere, das Mitleid anderer zu tolerieren. Wir haben einander geheiratet, weil wir eine wunderbare Freundschaft hatten und uns ineinander verliebt haben. Ich bin davon überzeugt, daß Leute mit Behinderungen jeder Art sich in ihren emotionalen Bedürfnissen kein bißchen unterscheiden von irgendjemand sonst, und ich denke, das erste menschliche Bedürfnis ist Liebe."
Neuroleptika sind unter anderem Chlorpromazin (Thorazin), Clozapin (Clozaril), Fluphenazin (Prolixin), Haloperidol (Haldol), Risperidon (Risperdal), Trifluoperazin (Stelazin) und Olanzapin (Zyprexa). Der Psychiater Peter Breggin, M.D. & Professor David Cohen, Ph.D. schreiben in ihrem Buch Your Drug May Be Your Problem: How and Why to Stop Taking Psychiatric Drugs [Ihr Medikament könnte ihr Problem sein: Wie und warum sie damit aufhören sollten, Psychopharmaka zu nehmen]: "Die Wahrscheinlichkeit TD [tardive Dyskinesie] zu bekommen, ist extrem hoch. Viele Standard-Fachbücher schätzen die Rate auf 5% - 7% pro Jahr bei gesunden jungen Erwachsenen. Die Rate ist kumulativ, so daß bei einer 5 Jahre dauernden Behandlung 25% - 35% der Patienten diese Störung entwickeln werden. " (Perseus Books, 1999, S. 78). Sie sagen "Die meisten betagten Patienten, die nur zwei oder drei Monate [mit Neuroleptika] behandelt werden, entwickeln unübersehbare, irreversible Zuckungen oder Krämpfe ; ebenso riskieren sie Demenz" (ebd., S. 104).
Jenelles Geschichte illustriert, daß die Genehmigung der U.S. Food & Drug Administration (FDA) keine Garantie für die Sicherheit eines Medikaments ist. Der Anwalt Jerry Spence sagt in seinem Buch With Justice for None "Wenn wir irgendetwas lernen können aus fast einem Jahrhundert der staatlichen Regulierung, ist es, daß die staatlichen Verwaltungen praktisch unverändert durch die Industrien belagert sind, die sie eigentlich zu kontrollieren hätten." (Penguin Books, 1989, Seite 205). Oder wie Psychiater Peter Breggin in seinem Buch Brain Disabling Treatments in Psychiatry: Drugs, Electroshock, and the Role of the FDA (Springer Publishing Co., 1997, S. 227) sagt: "Wenn es um Warnungen vor den Gefahren psychiatrischer Medikamente geht, kümmert sich die FDA mehr um die Profit-Interessen der Industrie als um die Sicherheit der Patienten."
Ungeachtet der Schäden, die Neuroleptika verursachen, wie sie auch Jenelle bekommen hat -
Auf Jenelle's web page finden Sie weitere Informationen über sie, mehr Fotos und Links mit Informationen über tardive Dyskinesie und Dystonie. Einen Vorschlag für ein neues Gesetz finden Sie hier: Ein Vorschlag für Jenelle's Law.
- Psychiater verschreiben sie Leuten nicht nur weiterhin, sondern sie zwingen sie auch zwangseingewiesenen Klinikpatienten auf.
- Die U.S. Food & Drug Administration (FDA) erlaubt, daß diese Medikamente weiter auf dem Markt bleiben dürfen.
- Die Staatsgesetzgebung und der Kongress tun nichts, um Leute vor diesen schädlichen Medikamenten zu schützen - und in den letzten paar Jahren haben 41 U.S.-Staaten "Outpatient Commitment"-Gesetze erlassen, deren Hauptzweck darin besteht, ambulante Patienten zu zwingen, diese Medikamente zu nehmen.
- Familienangehörige von Leuten mit störendem Verhalten oder "geistig kranker" Leute, zum Beispiel Angehörige der National Alliance "for" the Mental Ill (NAMI) fahren damit fort, die Leute in ihren Familien zu ermuntern oder gar zu zwingen, "ihre Medizin" zu nehmen, selbst wenn die "Medizin" eine schädliche Droge ist wie die, die Jenelle nahm - und Druck auf den Gesetzgeber auszuüben, die Medikamente einer noch größeren Zahl von Leuten aufzuzwingen.